Menschenfresser am Tsavo

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Ist der Löwe auf meinem Titelbild jetzt der König oder die Königin der Tiere? Im Allgemeinen verbinden wir mit einer Löwin, dass sie im Unterschied zum männlichen Tier, keine auffallende Mähne hat. Das ist im Tsavo Nationalpark anders. Wohl wegen der heißen Temperaturen, so glauben die Evolutionsbiologen, tragen die Löwenmänner hier eine Kurzhaarfrisur. Sie haben sich im Laufe der Evolution an das heiße Klima in ihrem Lebensraum angepasst.

Die wohl berühmtesten kenianischen Löwen sind die „Menschenfresser vom Tsavo“. Auch wenn Menschen normalerweise nicht zum Beutespektrum der Löwen gehören, gab es in Afrika immer dann vermehrt Übergriffe auf Menschen, wenn die traditionellen Beutetiere vom Menschen verdrängt wurden.

1898 töteten zwei Löwen vermutlich zwischen 30 und 40 indische und afrikanische Bahnarbeiter, die beim Bau einer Eisenbahnbrücke über den Tsavo-Fluss beschäftigt waren. Die Löwen sollen auch in Camps eingedrungen sein, die mit hohen Dornenwällen umfriedet waren, um dort Menschen zu erbeuteten. Untersuchungen der beiden getöteten Tiere haben ergeben, dass zumindest eine der Großkatzen wegen einer Kieferverletzung auf leicht zu jagende Beute angewiesen war.

Der Marosi – Löwe, Leopard oder Photoshop?

Man soll die „gefleckten Löwen“ im Hochland von Kenia gesehen haben. Auch das Internet ist voll von Bildern des Mischwesens aus Löwe und Leopard. Ganz kühne Experten vermuten sogar eine Mischung aus Löwe und Hyäne, obwohl sich diese beiden Tierarten grundsätzlich nicht ins Gehege kommen. Das Marozi gehört dann wohl auch ins Reich der Mysterien und Legenden. Außer den Erzählungen von Kenianern und im Jägerlatein der Großwildjäger vergangener Zeiten finden sich keine verwertbaren Spuren für den Löwenleoparden. Die Wissenschaft beschäftigt sich deshalb schon lange nicht mehr mit solchen Gerüchten und verweist die Suche nach den Fabelwesen an die Kryptobiologie. In dieser Disziplin kann man dann in Kenia nach dem mysteriösen Katzenhybrid suchen. Zur Gruppe der Kryptiden gehören auch das Ungeheuer von Loch Ness und der Yeti im Himalaya.

Die „Big Five“ der Großwildjäger

Elefanten, Spitzmaulnashörner, Kaffernbüffel, Leoparden und Löwen waren und sind die „Big Five“ der afrikanischen Großtierfauna. Der Trophäensucht der Großwildjäger fielen im 20. Jahrhundert Hunderttausende Tiere in ganz Afrika zum Opfer. Es gibt Berichte, wonach bei einer einzigen Großwildjagd über hundert Löwen erlegt wurden. Das Fell von Löwen und Leoparden, am liebsten mit präpariertem Schädel, die Hörner der Rhinozerosse und die Stoßzähne der Elefanten waren beliebte Renommierstücke von Teilnehmern organisierter Jagdgesellschaften der Eliten aus Europa und Amerika. Einer der „Trendsetter“ für solche Jagdsafaris war Ernest Hemingway. Seine erste Ostafrikareise hat er sich 25.000 Dollar kosten lassen. Wenn man das auf die Kaufkraft von heute hochrechnet waren das schlappe 200.000 Dollar. Seine Selbstinszenierung als großer Jäger und hartgesottener Naturbursche war aus heutiger Sicht keine Ruhmesgeschichte, auch wenn er bei seinem Afrikaaufenthalt die Stoffe für Geschichten wie Die grünen Hügel Afrikas, Schnee auf dem Kilimandscharo und Das kurze glückliche Leben des Francis Macomber  fand. 

Safari im Übergang vom 20. ins 21. Jahrhundert

Seit 1977 ist die Jagd auf „Felltierarten“ und auf Elefanten in Kenia gesetzlich verboten und die Bestände haben sich in den großflächigen Naturreservaten etwas erholen können. Doch nach wie vor ist Wilderei eine große Bedrohung der benannten Tierarten. Der Aberglaube von der potenzfördernden Wirkung des harten Rhino-Horns sorgt bei steigendem Wohlstand in China und Südostasien für eine hohe Nachfrage nach „Nashorn-Pulver“. Die illegalen Produkte sind so teuer wie Gold. Bei Schwarzmarktpreisen für ein Kilo Horn von 20.000 bis 60.000 US-Dollar ist Wilderei in einem armen Land wie Kenia verführerisch. Ähnlich geht es den Elefanten. Aus ihren Stoßzähnen werden in Fernost Souvenirs aus Elfenbein geschnitzt.

Heute kommen 2 Mio. Besuchern pro Jahr nach Kenia. Die touristischen Attraktionen des Landes sind Safaris und die Strände an der Küste bei Mombasa. Kenias Tourismuseinnahmen beliefen sich 2019 auf 1,762 USD Mio. Die meisten Touristen, ca. 60%, kommen aus Europa. Es folgen Afrika mit 23 %, Amerika mit 9 % und Asien mit 9%. Unter den „westlichen“ Ländern ist das Vereinigte Königreich führend, gefolgt von Deutschland, den USA und Italien. 

Ich bin mir während meiner Safari der Tatsache bewusst, das auch ich ein Teil dieser Wirklichkeit bin.- Aber ich sehe das so: mit meinem Besuch des Tsavo-Nationalparks trage ich dazu bei, dass die Wildarten und ihre Lebensräume erhalten bleiben, weil sie zur Wertschöpfung eines wirtschaftlich armen Landes beitragen. Der Tourismus heute hilft, dass Natur ein wertvolles Kapital der afrikanischen Länder bleibt, dass es zu erhalten gilt.

Weise ist, wer seinen Besitz bewahren kann, sagt ein altes afrikanisches Sprichwort

Bild 1 undTitelbild: Mgiganteus: Maneless lion from Tsavo East National Park (gespiegelt)
Bild2: Ernest Hemingway on Safari, Presidential Library; gemeinfrei
Bild 3: Spitzmaulnashorn im Nationalpark; Bild von Victoria Robinson auf Pixabay;
Bild 4: Büffel im Tsavo Nationalpark Bild von Herbert Aust auf Pixabay;


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