Überall in der Welt, wo es Honigbienen gibt, wird auch geimkert, auch in Kenia. Der Vater meines Schwiegersohns ist einer der unzähligen Bienenhalter in Kenia. Im Vorfeld hat er ausrichten lassen, dass er und seine Kollegen sich auf die Begegnung und den Austausch mit mir freuen.
Nach Absprache mit meinem Schwiegersohn habe ich als Gastgeschenk einen schönen Bienenschleier und ein Refraktometer in meinem Gepäck. Einen stichdichten Bienenhut kann jeder Imker brauchen, besonders dort, wo die Bienen als sehr angriffslustig gelten. Schon bei Störungen in einer gewissen Entfernung vom Bienenstock attackieren die Bienen vermeintliche Angreifer und verfolgen sie manchmal über Strecken von teilweise mehr als einem Kilometer.
Mit dem zweiten Gastgeschenk, dem Refraktometer, kann man den Zuckergehalt des geernteten Honigs bestimmen. Die Gespräche mit dort ansässigen Imkern sollen sich um das Thema Honigqualität drehen. Da ist ein solches Messinstrument schon mal für eine Grundausstattung wichtig, denn nur ein Honig, der einen Wassergehalt von weniger als 20% hat, ist auch haltbar. Liegt der Wassergehalt darüber, fängt der Honig an zu gären. Das ist weiter nicht schlimm, denn dann kann man ja immer noch den Honig zur Erzeugung von Met gebrauchen. Traditionell ist in Kenia „Honigbier“ der Hit.
In dem bereits von mir erwähnten Buch von Jomo Kenyatta über die Kultur der Gikuyu, die ja eine Nachbar-Kultur der Luhya ist, zu deren Stamm Kikos Familie gehört, finden sich einige Einträge zum Thema Honig und Bienen. Auch wenn man dort nichts darüber erfährt, wie traditionell in Kenia geimkert wird, kann man zumindest feststellen, dass Honig bei den Kenianern eine hohe kulturelle Bedeutung hatte. Honig und Honigbier spielten bei indigenen Initiationsriten für junge Krieger eine wichtige Rolle. Hierbei mussten die jungen Männer dann auch den Spruch aufsagen:
„Wir wurden mit den Stacheln der Bienen gesegnet.
Wir werden der Weisheit und der Energie der Bienen nacheifern”.
Kenyatta belegt anhand mehrerer Beispiele, dass den indigenen Göttern zu allen möglichen Gelegenheiten Honigopfer oder Opfer von Honigbier gemacht wurden. Wenn der Regen ausblieb, konnte man so zum Beispiel den Regengott besänftigen. Der Honig jedoch musste aus einer Bienenbeute stammen, die aus einem heiligen Baum gefertigt war.
Honig war darüber hinaus auch ein beliebtes Zahlungsmittel bei Tauschgeschäften zwischen den Stämmen. Dabei haben die Kikuyu von den „Bewohnern des Waldes“ den Honig im Wege des Tauschhandels erhalten: „Sie verkauften ihren Honig und ihre Tierhäute an die Gikuyu, die ihrerseits den Ndorobo Getreide, Süßkartoffeln, Zuckerrohr, Bananen und andere Früchte des Bodens.“ schreibt Jomo Kenyatta.
Schwer bestraft wurde derjenige, der sich des Honigdiebstahls schuldig gemacht hatte. Der Dieb musste 30 Schafe oder Ziegen an den Geschädigten zahlen. Der Geschädigte hatte darüber hinaus auch das Recht, die Bestrafung des Honigräubers in die eigene Hand zu nehmen und den Dieb nach eigenem Ermessen zu verprügeln, bevor er dann offiziell vor dem Stammesgericht verurteilt wurde.
Diebstahl galt als Schwerverbrechen. Notorische Diebe wurden sogar zur Abschreckung totgeprügelt oder bei lebendigem Leib verbrannt.
Weltbekannt wurde unter Imkern die Kenyan Topbar Beehive. Dabei handelt es sich um eine v-förmige Trogbeute, die mit kleinen Brettern als Oberträger abgedeckt wurde. Andiesen Oberträgern bauen die Bienen ihre Waben.
Auf der englischsprachigen Wikipedia habe ich ein Bild einer kenianischen Imkerei mit diesen landestypischen Bienenwohnungen gefunden. In einem Film über afrikanische Bienen, an dessen Titel ich mich nicht mehr erinnere, wurden die Felder der Bauern mit Hilfe von frei schwingend aufgehängten Bienenbeuten gegen hungrige Elefanten geschützt. Vor nichts haben die Dickhäuter mehr Respekt als vor einem Schwarm wütender Bienen.
Auf den Austausch mit meinen kenianischen Imkerkollegen freue ich mich ganz besonders. Gerne gebe ich mein Wissen weiter, aber ich fürchte, dass man in Ostafrika wenig davon umsetzen kann. Zum einen handelt es sich bei der in Kenia verbreiteten Art der Apis mellifera scutellata um eine ganz andere Biene mit völlig anderen Verhaltenseigenschaften. Dann sind natürlich uns kaum bekannte Honigpflanzen zu erwarten und Imkerei wird deutlich extensiver betrieben als die Bienenhaltung hierzulande.
Aber grundsätzlich bietet die Imkerei den Kleinbauern überall auf der Welt gute Perspektiven, um ein zusätzliches Einkommen zu erwirtschaften.
„Mit einem Preis zwischen 8 und 10 Dollar (800 bis 1000 Ksh) kostet ein Kilo Honig in Kenia das Zehnfache eines Liters Benzin (1,2 Dollar oder 120 Ksh). ( … ) Äthiopien ist der größte Honigerzeuger in Afrika und produziert nach Angaben von USAID jährlich etwa 45 300 Tonnen. Tansania ist der zweitgrößte (8.000 t), und Kenia ( 7.300 t )steht an dritter Stelle in der Region, gefolgt von Uganda und Ruanda mit nur 4.000 t pro Jahr.“ heißt es auf der Internetseite einer kenianischen Beratungsfirma für die kleinbäuerliche Landwirtschaft in Afrika. Die Nachfrage nach Honig in Kenia ist so groß, dass das Land nicht in der Lage ist, sich selbst zu versorgen und gezwungen ist, aus dem benachbarten Tansania zu importieren.
Die Bilder lassen sich durch Anklicken in einer Diaschau öffnen






Bildnachweise:
Bild 1: Beehives in Kenya, CC BY 2.0 , via Wikimedia Commons
Bild 2: Bild: Ostafrikanische Honigbiene sammelt Nektar an Kaffeeblüten Pixabay Lizenz: Kein Bildnachweis erforderlich
Bild 3: Von Discott – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0,
Bild4: Traditionelle Klotzbeute; 1906. Name of Expedition: British East Africa Participants: Carl Akeley
Bild 5: Jeffrey W. Lotz, Florida Dept of Agriculture and Consumer Services, Bugwood.org, CC BY 3.0 via Wikimedia Commons
Bild 6: Von Scott Bauer, USDA Agricultural Research Service – Gemeinfrei